Oster-Cross 2001

(U.Schneider)

 

 

Karfreitag 2001,11.00 Uhr. Es ist soweit. Ich stehe auf dem Hof als ich Markus‘ Boxer die Straße herunter bollern höre. Kurze Begrüßung, die letzten Handgriffe, den Schlafsack hinten drauf und es kann losgehen.

Ab auf die Autobahn. Wir wollen nach Mitterteich im bay. Wald um, wie im letzten Jahr dort mit einigen anderen Verrückten auf einer Moto-Cross Strecke die Stollensaison eröffnen. Es ist schon abzusehen das es nicht solch hervorragendes Wetter geben würde im Vorjahr, aber wer wird denn schon nur mit warmen Wasser duschen wollen. Im letzten Jahr sind wir in kurzen Hosen auf dem Platz herum gelaufen und die CamelBags waren gar nicht so schnell aufzufüllen wie man sie leer getrunken hatte.

Diese Jahr waren die Winterhandschuhe wieder aus dem Schrank geholt worden.

 

Autobahn fahren wir bis Schweinfurt. Eigentlich schlängeln wir uns von Aschaffenburg bis Würzburg zwischen den Blechlawinen durch die, wie immer, auf der A 3 zu finden sind. Die Osterreisewelle macht es nicht besser. Das Wetter hält und so fahren wir kurz hinter Schweinfurt auf die Landstraße denn auch wenn keine 30°C am Himmel stehen, wollen wir doch was von der Fahrt haben.

Es fährt sich gut bis Bamberg wo sich Melanie auf meinem Soziaplatz niederläßt. Hier zeigt sich das Wetter schon von einer anderen Seite und der gute Kaffee den wir bei Melanie noch genießen durften ist schnell vergessen. Kaum sind wir aus dem Ort raus, biegt Markus rechts auf einen Parkplatz ab und entscheidet sich für den Regenkombi. Ich hoffe das daß Schneetreiben nur ein kurzes Zeichen dafür ist, daß Petrus dieses Jahr an Ostern kein Motorradfahrer ist. Leider muß ich mich eines besseren belehren lassen und schon nach 20 km habe ich eine geschlossene Schneedecke auf der Jacke. Nun hilft die Regenjacke auch nicht mehr.

Wieder ein paar Autobahnkilometer und erneutes Abbiegen auf die Landstraße. Eine schöne Strecke und ich gewöhne mich langsam an das fahren mit Sozia. Der Schnee läßt langsam nach und wechselt in Regen. Schließlich hört es sogar ganz auf.

Als wir uns eine Pause gönnen, kommen per SMS die GPS-Koordinaten der Moto-Cross Strecke von And. Darüber bin ich froh denn so 100% sicher war ich mir nicht, ob ich den Abzweig in den Wald finden würde, der zur Piste führt. Ich programmiere die Daten, Markus raucht eine Zigarette und Melanie friert. So hat jeder was zu tun und als jeder seinen Job gemacht hat geht es weiter.

Die nächsten 30km fahren wir wieder im Schneetreiben und wir entscheiden uns für einen Zwangsstop in einem, zum Glück im bayrischen sehr stabil gebauten, Bushaltestellenhäuschen. Glücklicherweise ist der Schnee so schnell weg wie er gekommen ist und mit einem kleinen Fetzen blauen Himmel geht es auf die letzten Kilometer. Die weiße Pracht bleibt auch nicht liegen so das fast ungetrübter Fahrspaß da ist. Ich weis das Spötter immer wieder fragen wie man bei einer BMW von Fahrspaß sprechen kann.

 

Ich versuche mir vorzustellen wie die Strecke bei diesen Wetterbedingungen wohl aussehen mag. Ich erinnere mich an 2000. Letztes Jahr hatte ich dort meine ersten Schritte als „Croser“ gemacht und es war toll. Staubig war es im neuen Jahrtausend gewesen auf der Piste. Aber bei diesem Wetter würde es vermutlich eher an eine Sumpflandschaft erinnern. Hatte ich doch kurz in Erwähnung gezogen diese Tour mit meiner kleinen Suzuki zu machen bin ich nun froh die Kuh genommen zu haben.

Das GPS zeigt, daß wir nahe dran sind. Ich erkenne die kleine Verkehrsinsel mit dem schiefen Baum, die mir noch in Erinnerung war. Da muß ich rechts. Dann noch ein paar hundert Meter und dann rechts in den Wald. Die moderne Technik gibt mir recht und so rollen wir den Waldweg entlang auf das alte Minengelände wo ein altes Fabrikgebäude steht das uns als Unterkunft dient.

Kein knattern auf der Strecke. Scheinbar machen alle Anwesenden eine Pause. Mal sehen wieviel Verrückte außer uns noch da sind.

In einer Art Garage entdecke ich Toffers KTM, die MuZ von Horst und drei DRs. Alle sehen mehr als schlimm aus. Scheinbar haben die Jungs schon eine Menge Spaß gehabt.

 

Die alte Fabrikhalle die auf dem Gelände steht dienst mehr oder weniger als Behausung. Zwar ist das Dach noch drauf, aber Fenster und Türen sind alle entzwei. Im Gebäude selbst ist es immer kälter als draußen aber wer will sich schon bei so einem Wetter unter den freien Himmel legen. Als wir durch die verfallene Tür stolpern erwartet man uns schon mit einem großen HALLO denn ohne Frage sind wir anhand dem Klang unserer Mopeds schon von weiten identifiziert worden.

Toffer, Andi, Anja, Kim und Horst sind gerade dabei eine Schlafecke mit einer Plane ein zusätzliches Dach über das „Schlafzimmer“ zu spannen um den Schnee der durch das riesige Fenster rein will wenigstens von den Schlafsäcken fern zu halten. Ein kleines Feuer brennt auch schon, was wir natürlich gleich nutzen um die Finger zu wärmen. Die Eßecke steht schon und auf dem Tisch brodeln schon zwei Kocher mit Kaffeewasser. Ist ja wir bei Muttern hier.

Ich freue mich die Jungs wieder zu sehen denn so oft kommen wir ja nicht zusammen. Nürnberg, Bamberg, Aschaffenburg, Mainz, alles nicht so nah beieinander. Nun sind wir aber da und wollen eine menge Spaß haben und um es vorweg zu nehmen, den hatten wir.

 

Nach lustigem Kaffee trinken und dem berichten der tollsten Abenteuer (etwas übertrieben) der Anreise, kommt passend eine SMS aus Oslo. Von dort grüßt Anne. Sie war letztes Jahr auch hier und würde sie nicht ihre Schwester im hohen Norden besuchen, wäre sie sicherlich auch hier.

Es hält mich nichts mehr auf der Bank und ich muß mir die Strecke ansehen. „Oh Mann“, denke ich mir. So muß es auf dem Rückzug Napoleons aus Rußland ausgesehen haben. Schlammige Spurrillen und eiskalte Wasserlöcher. Oh, was ist das? Die Streckenfürung ist geändert und man hat einen Table mehr eingebaut und zwei Anlieger dazu gebastelt. Nicht schlecht. Ein wenig vermisse ich meine DR, denn es reizt mich schon mal wieder zu fahren.

 

Langsam neigt sich der Tag und neben das Lagerfeuer stellen wir zwei Grills auf denen das Abendessen brutzelt. Bevor das letzte Tageslicht verschwindet wird noch schnell ein leckeres Fäßchen Gerstensaft angezapft und trotz der Saukälte schmeckt das Dunkel herrlich.

So vergeht der Abend über das ein oder andere Glas Dunkel und die ein oder andere Bratwurst. Andi und ich fangen an von Tunesien zu schwärmen, wo wir im Oktober gemeinsam hin wollen. Es läßt die Kälte etwas vergessen.

Lagen wir letztes Jahr noch quer durch die Halle verteilt in unsren halb offenen Schlafsäcken, so liegen wir im Jahr des Herrn A.D. 2001 wie die Sardinen in der Büchse nebeneinander unter einer Plane um keine Wärme zu verschenken. Ich schlafe nicht so gut und habe so die Gelegenheit das Schnarchkonzert (verzeiht mir Jungs !!!) zu meiner rechten und linken in vollen Zügen zu genießen. Keiner hat ein Thermometer dabei aber wir sind uns einig das es in der Halle so um den Gefrierpunkt gewesen sein muß. Morgens ist dann allgemeines klagen angesagt da allen, nach so viel Dunkel ja logisch, die Blase drückt aber es eben zu kalt ist um mal eben aus dem Schlafsack zu springen. Melanie verdient sich dann den Orden des Tages da sie todesmutig aus der wärmenden Hülle schlüpft, die Kocher anwirft, Kaffeewasser aufsetzt und sich zu guter letzt Andis Auto schnappt und Brötchen holen geht.

Der Tag beginnt schwerfällig aber letztendlich treffen wir uns alle am Frühstückstisch. Toffer und Kim haben im Zelt geschlafen und es auch überlebt.

Wir beratschlagen was wir mit dem Tag anfangen. Viele Varianten gibt es allerdings nicht. Eigentlich will jeder auf die Piste, aber keiner kann sich aufraffen in die von Schlamm und Kälte steif gewordene Mopedklamotten zu steigen.

Schnell ist der Entschluß gefaßt, nach dem Frühstück in das 10km entfernte Sybillenbad zu fahren. Im letzen Jahr waren wir jeden Tag dort. Zum einen weil es dort Duschen gibt, zum anderen ist es nach einem Tag auf der Crosspiste sehr angenehm sich an den Massagedüsen in den Heilbecken durchrütteln zu lassen.

Im letzen Jahr waren wir dort etwas aufgefallen denn es handelt sich dort um eine Art Kurbad und nicht um eine Erlebnisbad (wie uns der Bademeister wissen läßt). Egal, wir genießen das warme Wasser, trauen uns sogar in das Feiluftbecken und lassen es uns gut gehen. Im Dampfbad schwitzen wir kräftig und haben wie im letzten Jahr unseren Spaß. Der Spruch des Bademeisters vom letzten Jahr („Das ist kein Erlebnisbad) wird zum Leitspruch des Tages.

Nach fast 3 Stunden verlassen wir recht aufgeweicht das Bad und fahren zurück. Nun wächst wieder der Wunsch auf die Piste zu gehen. Auch alle anderen machen sich nach und nach daran in die Rüstungen zu steigen. Neben uns sind noch einige wenige anderen da, welche schon ihre Runden drehen. Horst schiebt seine MuZ aus der Halle und muß feststellen das der gefrorene Schlamm vom Vortag so fest ist, daß er absolut keinen Federweg mehr hat. Somit ist erst mal der große Schraubendreher angesagt und er hackt sein Federbein wieder frei. Als er dann auf die Strecke geht muß ich mal wieder neidvoll anerkennen das Horst mit seiner Baghira kleine Wunder vollbringt. Ist ja nicht gerade ein Leichtgewicht, seine Baghira. Nach endlosem Hin und Her entschließe ich mich doch meine Saison auf groben Stollen zu eröffnen.

Ich leihe mir Andis DR und drehe ganze zwei Runden um dann ziemlich fertig feststellen zu müssen das meine Kondition nicht mehr die beste ist. Die Hände tun weh und mit Integralhelm macht es keinen Spaß.

Zwischenzeitlich setzt mal wieder Schneetreiben ein. Das Wetter ändert sich im Halbstundentakt.

 

Gegen Nachmittag sammeln sich nach und nach alle wieder um die Campingkocher die das Kaffeewasser heiß machen. Für kurze Zeit wird ernsthaft darüber nachgedacht, das Wochenende früher zu beenden als geplant. Bei genauerem betrachten der Uhrzeit, hätte dieses Vorhaben aber zu einer chaotischen Aktion geführt und so entschließen sich die meisten, noch eine Nacht aus zu harren. Toffer und Kim jedoch fahren am Abend nach Hause und überlassen ihre Schlafsäcke und Decken der Allgemeinheit. Dadurch wird die zweite Nacht um einiges erträglicher da für jeden irgendwie ein Zipfel einer zusätzlichen Decke oder Schlafsack abfällt. Markus sorgt für Feuerholz und zeichnet sich zusätzlich als Grillmeister des Abends aus.

Am nächsten Morgen ist Andi der Held des Tages, denn er ist derjenige der die Kocher anwirft so für Kaffee sorgt. Wieder gemeinschaftliches Frühstück und danach beginnt der Abbau. Die Motorräder sind schon am Vorabend auf die Hänger verladen worden.

Wir verabschieden uns von einander und Markus, Melanie und ich machen uns auf den Heimweg. Pünktlich mit anlassen des Motors setzt neues Schneetreiben ein. Meine Regenkombi habe ich an meine Sozia verliehen und so sitze ich wieder ohne Schutz hinter dem Lenker. Ich bin überrascht das meine alte Jacke noch so gut hält. Wir nehmen den schnellsten Weg Richtung Autobahn der uns leider auf eine Höhe von 770 Metern führt. Hier ist die Schneedecke auf der Fahrbahn fast geschlossen und nur dank dem 7er BMW der ein Spur vor uns zieht, halten wir Kontakt zum Asphalt. In Bad Berkenau rolle ich an eine Tankstelle um mein Visier von innen trocken zu legen. Markus sollte eigentlich kurz hinter mir sein und als er 5 Minuten Später immer noch nicht da ist, bekommt mich ein ungutes Gefühl. Wir drehen und fahren einige Kilometer zurück. Glücklicherweise steht er an einer Bushaltestelle, mit der Nase über dem Motor. Irgendwas scheint nicht zu stimmen. Andi ist auf der selben Strecke unterwegs und ist auch da. Er amüsiert sich darüber das er eine Sitzheizung in seinem Auto hat und bei so einem Sauwetter wenigstens die DRs sauber würden. Markus‘ BMW läuft nur  auf einem Topf. Wir rollen wieder an die Tankstelle und machen uns auf die Fehlersuche. Leider ist die Tankstelle eine von der Sorte, die keinen Kaffeeautomat haben.

Nach einer guten halben Stunde erfolgt der schmerzliche Anruf beim ADAC. Zwischenzeitlich wechselt Melanie die Socken im Kassenraum der Tankstelle und wir beratschlagen das weitere. Nasch einer weiteren halben stunde und diversen Rückrufen von Seiten des Atobobilclubs kommt der Abschlepper. Unerklärlicherweise sagt die Zentrale des ADAC das der Mitgliedsbeitrag von Markus nicht bezahlt sei und somit keine Leistungen erbracht würden. Erstmal lange Gesichter. Dann geht es aber doch recht schnell. Das Gepäck von Markus wird noch in Andis Passat gestopft und beide fahren nach Bamberg zu Andi. Dort laden sie die DRs ab und fahren zurück um die BMW zu holen. Ich packe derweil Melanie wieder hinter mich und fahre sie nach Hause.

Da Markus und Andi den Montag noch frei haben wollen sie die BMW dann in aller ruhe nach Mainz bringen. Ich leider kann nicht warten da ich Ostermontag wieder arbeiten muß.

Auch Melanie wohnt in der Nähe von Bamberg und nach weiterer Fahrt im Schnee freue ich mich auf den Kaffee denn es bei ihr gibt.

Aufgewärmt und mit fast einer ganzen Kanne Kaffee im Bauch mache ich mich gegen halb sechs auf die letzte Etappe. Das Wetter wechselt im 20km-Takt. Regen, trocken, Regen, trocken u.s.w. Einzige Abwechslung habe ich in Höhe Aschaffenburg. Da wird der Regen zum Hagel. An Frankfurt vorbei reißt der Himmel an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz ein wenig auf und ein kleiner Flecken blauer Himmel läßt sich erkennen. Leider nur kurz.

Ich bin froh gesund nach Hause gekommen zu sein und freue mich auf eine heiße Badewanne. Etwas wehmütig denke ich an die kleine Fete die am Abend in Bamberg stattfindet. Wäre schon gerne dabei gewesen aber die Pflicht ruft.

Montag Abend ist auch Markus wieder da und Andi nimmt sich noch einen Tag frei und so trifft man sich Abends noch auf ein Bier.

 

Bei all dem schlechten Wetter und den niedrigen Temperaturen bereue ich keinen Kilometer den ich gefahren bin denn es war wie immer in ein tolles Wochenende Andi, Toffer, Kim, Horst, Melanie, Markus und Anja. Hoffentlich ist Anne nächstes Jahr auch wieder dabei. Vielleicht läßt es sich ja für 2002 wieder besseres Wetter buchen.

 

Gute Fahrt

 

            Uli